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Eignungsdiagnostik für Flüchtlinge und Migranten

24. Oktober 2017 - Arbeitswelt der Zukunft
Eignungsdiagnostik für Flüchtlinge und Migranten

Die Wirtschaftsexperten und die humanitären Institutionen sind sich einig. Es muss eine rasche Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen respektive von Asylbewerbern gewährleistet werden. Eine zügige Integration in den Arbeitsmarkt führt dabei nicht nur dem Arbeitsmarkt dringend benötigtes Potenzial zu, sondern ist zudem ein entscheidender Baustein zur gesellschaftlichen Integration. Daher kommt es darauf an, das Potenzial der Flüchtlinge mit Bleibeperspektive frühzeitig zu erkennen. Als hilfreiche bzw. wertvolle Instrumente könnten sich hier eignungsdiagnostische Verfahren und Screenings erweisen. Erste Modellversuche haben diesbezüglich angedeutet, dass mittels eben dieser Methoden individuell gezielter und vor allem auch weitaus schneller die Qualifikationen der Flüchtlinge ermittelt werden könnten. Und diese rasche Identifizierung von Potenzialen und Talenten wäre dann genau schon einmal die entscheidende Voraussetzung, um Flüchtlinge mit Bleibeperspektive einen raschen Zugang zu Bildung und beruflicher Qualifikation sowie zur Arbeitsmarktintegration zu ermöglichen.

Mittelfristig können Flüchtlinge den deutschen Arbeitsmarkt beleben

Denn eins steht fest. Deutschland muss mit dieser Problematik geschickter und souveräner umgehen als etwa in den 1990er Jahren. Auch damals registrierten die deutschen Behörden einen eklatanten Anstieg von Flüchtlingen bzw. von Asylbewerbern. Aber lediglich rund zwölf Prozent dieser Personengruppen konnten damals in den Arbeitsmarkt integriert werden. Eine erschreckend niedrige Zahl; aktuell hoffen Politiker und Wirtschaft auf eine Einbindung von mindestens 25 bis 30 Prozent der Asylbewerber in den deutschen Arbeitsmarkt. So könnten Flüchtlinge zeitnah integriert werden, mittelfristig den deutschen Arbeitsmarkt beleben und auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung in deutschen Unternehmen leisten.

Schwierigkeiten beim Ermitteln von Qualifikationen und Talenten

Bislang wird aber noch reichlich Zeit bei der Bestimmung und Ermittlung der beruflichen Qualifikationen sowie auch des Bildungsniveaus vergeudet. Dies liegt vor allem daran, dass es bislang an entsprechenden Bewertungskriterien mangelte. Denn die große Mehrheit der Flüchtlinge verfügen über keinerlei Nachweise über formale Berufs- und auch Bildungsabschlüsse. Momentan bilden oftmals lediglich Selbstauskünfte die Basis zur Erhebung der beruflichen Qualifikation. Zudem werden sonstige Eignungs- bzw. Qualifikationsmerkmale bisher kaum berücksichtigt. Denn neben aussagekräftigen Zeugnissen, Lebensläufen oder Zertifikaten kommt es schließlich auch auf die sozialen Kompetenzen der Flüchtlinge an. Im Berufsleben respektive bei der Besetzung von Arbeitsplätzen sind nämlich nicht nur die jeweiligen Qualifikationen entscheidend. Stattdessen genießen auch die sozialen Wahrnehmungskompetenzen, das persönliche Selbst- und Stimmungsmanagement, die Kommunikationsfähigkeit, das Beziehungsmanagement, die Konflikt- und Kritikfähigkeit, die Team- und auch die Führungskompetenzen – zusammenfassend werden diese als Soft Skills bezeichnet – Priorität, wenn es um eine aktive Rolle in der Arbeitswelt sowie auch im gesellschaftlichen Leben geht.

Psychometrische Tests identifizieren fachliche Eignung und Potenziale

Hier werden ganz klar funktionelle Instrumente benötigt, die dafür prädestiniert sind, an großen Fallzahlen effizient und zuverlässig berufliche Qualifikationen, Talente sowie die jeweiligen sozialen Kompetenzen zu identifizieren. Die zu Grunde liegende Methodik muss dabei so konzeptioniert sein, dass die jeweils individuellen Talente und die vorhandenen Ressourcen mit den Anforderungen und speziellen Gegebenheiten des hiesigen Arbeitsmarktes abgeglichen werden können. Dabei dürfen dann aber eben nicht nur die reinen auf Bildung und Ausbildung beruhenden Kriterien berücksichtigt werden. Dieser Ansatz greift zu kurz, da individuelle Talente und Vorlieben hier schlichtweg nicht berücksichtigt werden. Vielmehr sollten Instrumente und Methoden eingesetzt werden, anhand derer auch die jeweils individuellen Talente und Soft Skills der Flüchtlinge herausgefiltert werden können. Psychometrische Tests könnten hier genau die richtigen Inhalte und Möglichkeiten bieten, um die generelle fachliche Eignung sowie die Talente und die Sozialkompetenz der Flüchtlinge zu ermitteln. Alleine aufgrund dieses Wissens können dann entsprechend individuelle Qualifikations- bzw. Bildungsmaßnahmen eingeleitet werden, die genau die jeweils expliziten Talente und Potenziale fördern. Die Identifizierung der individuellen Fähigkeiten, Talente und Sozialkompetenzen von Flüchtlingen wird aktuell aber noch vernachlässigt; auch über eventuell vorliegende Unterlagen können diese nicht kommuniziert werden. Die Eignungsdiagnostik von Flüchtlingen via psychometrischer Tests könnte genau diesen Mangel beseitigen.

Von computergestützten Verfahren und webbasierten Lösungen

In der Regel beinhalten die entwickelten psychometrischen Tests im Rahmen einer umfassenden Eignungsdiagnostik für Flüchtlinge und Asylbewerber eine ganze Reihe von Aufgabenstellungen, Fragen sowie praxisbezogenen bzw. praktischen Arbeiten. Die diesbezüglichen Ergebnisse bilden dann die Grundlage für eine detaillierte Beurteilung im Hinblick auf Befähigung, Wissen, Erfahrung, Sozialkompetenzen und auch Persönlichkeit der getesteten Person. Dabei lassen sich psychometrische Tests in zwei Hauptgruppen mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktthematik unterteilen: dem Eignungs- und Befähigungstest sowie dem Persönlichkeitstest. Tests dieser Art können einerseits als computergestütztes Verfahren durchgeführt werden, was eine detailliertere und überaus exakte Auswertung und Interpretation gewährleistet. Aber auch webbasierte Lösungen könnten hier Anwendung finden. Dabei werden dann neben allgemeinen sowie spezifischen kognitiven Fähigkeiten auch berufsrelevante Persönlichkeitsmerkmale und berufsbezogene Interessen objektiv und valide gemessen; außerdem wird im Laufe des Tests eine basale Feststellung hinsichtlich der vorhandenen deutschen Sprachkompetenz formuliert.

Sprachbarrieren stellen kein Hindernis beim Testverfahren dar

Bislang zeigten sich oftmals vor allem auch Sprachprobleme bzw. -barrieren als Hemmschuh bei der Identifizierung von Talenten und Potenzialen der Flüchtlinge. Die neuen psychometrischen Tests laufen daher zu einem großen Teil sprachfrei ab; vielmehr wird explizites Bildmaterial für die Diagnose benutzt. Bei Fragestellungen und Aufgaben, bei denen aber nicht auf Sprache verzichtet werden kann, können die Teilnehmer dann zwischen verschiedenen Sprachen wählen. So könnte eine entsprechende Kompetenzanalyse dann in der Muttersprache der jeweiligen Flüchtlinge, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind, erfolgen. Aktuell stehen entsprechende Tests in den Sprachen Englisch (als Weltsprache), Arabisch sowie Farsi (Persisch) zur Verfügung. Mittelfristig sollen weitere Sprachversionen zur Verfügung stehen. Bei Tests dieser Art werden insgesamt folgende Fähigkeiten und Kompetenzen diagnostiziert:

– Problemlösefähigkeit,
– Bearbeitungsgeschwindigkeit,
– Konzentrationsleistungen / Gedächtnisvermögen,
– Kreativität,
– Integrität,
– Gewissenhaftigkeit,
– Motivation,
– Lernbereitschaft,
– soziale Kompetenzen.

Potenzialanalyseverfahren adressieren genau die entscheidenden Erfolgsfaktoren

Mittels entsprechender Kompetenz- und Potenzialanalyseverfahren, bei denen es eben nicht zu Sprachproblemen und den daraus resultierenden Übertragungsfehlern kommt, können natürlich vorhandene Potenziale aufgedeckt werden; es kann also quasi eine Erfolgsprognose gestellt werden. Dabei befassen sich diese Tests bzw. Analyseverfahren vorzugsweise mit den sozialen und emotionalen Faktoren, die eine Person berufsbezogen aufweist. Ein Testmodell basiert diesbezüglich zum Beispiel auf einer Studie, in welcher der Frage nachgegangen wird, ob es signifikante Unterschiede im Antwortverhalten von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Menschen gibt. Kurzum: Laut der Studie gibt es diese; bis heute bilden die identifizierten Unterschiede im Antwortverhalten die eigentliche Basis zur Ermittlung der Erfolgsfaktoren. So lässt sich die soziale Kompetenz – eine der entscheidendsten Komponenten im Business – der Flüchtlinge in den Segmenten Leistungsdynamik, Erfolgswille, interpersonelles Umfeld sowie Belastbarkeit offenlegen.

Referenzen liegen bereits vor: Testergebnisse stimmen mit expliziten Einschätzungen überein

Ein entsprechender Test zur Sozialkompetenzmessung wurde im Mai 2016 bereits von der Volkshochschule Landkreis Hof in VHS-Deutschkursen mit erwachsenen Migranten erfolgreich erprobt. Dabei nahmen an der von einer spanisch sprechenden Bundesfreiwilligendienstleistenden durchgeführten Befragung vier arabisch sprechende Personen teil. Die aus der Befragung resultierenden Erkenntnisse wurden bei einem Auswertungsgespräch von den VHS-Kursleitern, die aus dem VHS-Unterricht alle vier getesteten Teilnehmer gut kennen, beurteilt. Dabei wurde deutlich, dass sich die persönlichen Einschätzungen der VHS-Kursleiter nahezu vollumfänglich mit den Testergebnissen deckten.

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Autorin: Jennifer Julie Frotscher

Geschäftsführung Peats GmbH, Hamburg

https://peats.de