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Agilität – das neue Schreckgespenst der Personalarbeit?

11. Juli 2016 - Arbeitswelt der Zukunft
Agilität – das neue Schreckgespenst der Personalarbeit?

Schlägt man derzeit die Fachzeitschriften auf, kommt man um Aufsätze und Artikel rund um das „Agile Management oder das „Agile Unternehmen“ nicht herum. Auch kaum eine HR Konferenz, die das Thema Agilität in all ihren Facetten (mit dem Fokus auf Mitarbeiter- und/oder Unternehmensführung, Kreative „Labs“ für Produkt- und Serviceinnovationen und so weiter) nicht auf der Agenda hat. An die Hand gibt man den Konferenzteilnehmern Methodiken wie Scrum oder Denkansätze wie Design Thinking. Kollaborieren müssen wir, um schneller, kreativer, anpassungsfähiger zu werden, weil die Generation Y in die Unternehmen strömt und es die VUCA Welt erfordert – getreu dem Start-up-Motto „Der Schnelle überholt den Langsamen“.

So weit, so gut.

Aber wie kommt Agilität nun ins Unternehmen?

 

Die Frage, die nach dem Hochglanzvortrag der Agenturen und großen Konzerne unbeantwortet bleibt. Wie Sie Ihre Vorstände und Geschäftsführer überzeugen, dass Agilität wichtige Handlungskompetenz für die Zukunft ist; die Führungskräfte und Mitarbeiter in den Bereichen, dass agile Führung nicht nur ein Trend ist, der vorübergeht und nicht zuletzt natürlich Ihre eigene Mannschaft, die Personalabteilung- wie Sie im HR agiler arbeiten können.

Zunächst: Analysieren Sie Ihre individuelle Unternehmenswirklichkeit.

Wie volatil, unsicher und komplex sind Ihre Geschäftsfelder, -modelle und Produkte? Wie trägt Agilität zur Unternehmensstrategie bei? Warum brauchen Sie agile Methoden?

Die Frage nach dem Warum ist eine zentrale Frage. Um Menschen zu begeistern, müssen Sie Ihnen einen guten Grund liefern, etwas anders zu machen als bisher.

Wie viele der jungen Menschen in Ihrem Unternehmen verhalten sich tatsächlich Gen Y-zugehörig und wie viele der Baby Boomer haben Vorstellungen von Arbeit, die eher zur Gen Y passt? Wo sitzen diese – über das Unternehmen verteilt oder haben Sie Bereiche, in denen agiles Denken auf besonders fruchtbaren Boden fällt? Wie stark und wie ausgeprägt sind die Bedürfnisse nach Sicherheit, wie nach Selbstverantwortung, bei wem?

Welcher Führungsstil wird gelebt? Wie attraktiv ist in Ihrem Unternehmen die moderne Führungsrolle im Sinne eines servant leader?

Und zu guter Letzt lautet eine der zentralsten Fragen, bevor Sie in der Organisation oder in Ihrem Team Initiativen starten: Wie sieht Ihre ganz persönliche Veränderungsvision aus? Wie sieht die Veränderungsvision des Unternehmens aus?

 

Visualisieren Sie Ihre Gedanken. Vermutlich wird das Bild, das Sie malen werden, so bunt sein wie die Unternehmensrealität.

 

Weiterhin könnten Sie die Mitarbeiter als Ihre internen Kunden fragen, was sie tatsächlich unterstützt. Kennen Sie die Bedürfnisse, was Ihre Mit-Menschen wollen und brauchen, wirklich? Beobachten Sie im Alltag worüber die Mitarbeiter sprechen – wer kommt mit wem wann in Kontakt und wozu? Welche Themen ziehen sich als roter Faden durch die Organisation?

Sie führen sicherlich bereits Mitarbeiterbefragungen durch; viel mehr erfahren Sie im Gespräch Face-to-face in einer Einzel-oder Gruppensituation. Sie werden erstaunt sein über die Offenheit der Menschen, wenn Sie authentisch signalisieren, die Wahrnehmung des anderen verstehen zu wollen, um ihm Lösungen anzubieten, die ihm wirklich weiterhelfen.

Damit gehen Sie dann in die Arbeit mit Ihrer HR- Mannschaft: Entwickeln Sie schnell Lösungen, die Sie mit dem Feedback der internen Kunden iterativ und mit stetigem Zuwachs an Leistung weiterentwickeln. Ein Vorteil des agilen Denkansatzes: Nicht immer muss alles von Anfang an perfekt sein.

Auf organisationaler Ebene können Sie mit einem Pilotteam starten, das eine strategische Fragestellung selbstorganisiert bearbeitet. Agile Methoden können besonders im Projektgeschäft sinnvoll sein – wo bietet es sich bei Ihnen an?

Welche Methodik aus dem agilen Methodenfächer Sie einführen, hängt maßgeblich vom Kontext ab. Ein guter Start ist es, einzelne Elemente zu adaptieren, z.B. die Visualisierung aus Scrum oder Kanban. Visualisieren Sie die aktuellen Aufgaben an einem Board und besprechen in einem täglichen kurzen Stand-up-Meeting die Fortschritte mit dem Team – ein guter Schritt zur Verantwortungsübernahme und Selbstorganisation und zum Denken in kürzeren Zyklen.

Vor der Frage nach der Wahl der Methode sollten natürlich die Grundsätze agilen Denkens transparent gemacht werden. Agilität wird fälschlicherweise oft auf eine Methode wie Scrum reduziert. Dies ist sicherlich ein Teil davon, das Konzept Agilität geht aber eher in Richtung eines „mindsets“- eines Straußes an Werten, Denkmustern, Einstellungen und Verhaltensweisen.

Ausgehend vom Reifegrad des Unternehmens im agilen Denken und Handeln werden Sie irgendwann auch Ihre Personalprozesse, Instrumente und Tools auf den Prüfstand stellen müssen; Auswahl-, Entwicklungs-, Feedback- und Performancesysteme, Talent- und Führungsentwicklung redesignen (Was wird bei uns belohnt: die beste Einzelleistung oder der wichtigste Fehler? Wenn selbstorganisiertes Lernen bei uns einen Wert hat, was muss sich dann ändern? Wie muss sich auch unsere Führungsrolle in einem agilen Kontext ändern?)

Seien Sie dabei selbstkritisch, ob Sie nicht doch an Altbewährtem festhalten ohne den konkreten Nutzen zu kennen: Welche Aktivitäten führen zu Frust und Aufwand und bieten keinen Mehrwert? Dann weg damit. Was muss verändert werden und wie? Was dient der Organisation und sollte beibehalten werden?

Generell gilt selbstverständlich, dass sich Agilität nicht immer und überall anbietet. Machen Sie sich jedoch die Chancen bewusst, die sich aus Ihrem täglichen Erleben bieten, Ihr eigenes Denken und Handeln beweglicher werden zu lassen – mit ein bisschen Mut!

Interessiert an einem fachlichen Austausch zum Thema Agilität im HR?

Kontaktieren Sie mich gern via xing oder linkedin.

 

Tatjana Schutte

 

Autorin: Tatjana Schutte

Projektmanagerin HR/Personal- und Organisationsentwicklung

CONTAS KG – Managementberatung für Strategie- und Kulturwandel

(Oberes Beitragsbild „AGILE“ von www.entwickler.de)