Klimaneutralität in der EU bedeutet auch Klimaneutralität in europäischen Unternehmen. Viele Unternehmenslenker haben noch nicht verinnerlicht, dass die Einigung der EU auf ein verbindliches Gesetz zur Klimaneutralität auch ihr Unternehmen verändern wird, teilweise sogar sehr massiv.
Noch gibt es in Deutschland keine bindende Gesetzgebung zur Klimaneutralität von Unternehmen. Diese Vorgaben und Regeln werden aber kommen – auch für KMUs. Bis 2030 will die EU ihren CO2-Ausstoß um 55 Prozent senken. Das kann nur im Gleichschritt mit Unternehmen und Verbrauchern erfolgen. Die Leitplanken für ein aktives Klimamanagement sind bereits heute im Detail verfügbar.
Einige Unternehmen, die u. a. ihre Geschäftstätigkeiten mit einer Nachhaltigkeitsstrategie verknüpfen, haben bereits heute ein Klimamanagement installiert. Die Aussicht auf langfristig wirtschaftliche Vorteile, die Reduktion von Kostenrisiken, die gesellschaftliche Verantwortung aber auch Imageverbesserungen sind Gründe dafür, rechtzeitig ein Klimamanagement zu etablieren. Die Anforderungen der Kunden, Forderungen aus der Politik und Gesetzgebung sowie die Anforderung der Investoren werden den Druck zukünftig deutlich erhöhen.
Der CO2-Fußabdruck für Unternehmen (CCF) setzt sich zusammen aus den direkten und indirekten Emissionen der gesamten Organisation. Für die Unterstützung eines Klimamanagements inkl. Klimabilanz sowie einer Strategie zur Klimaneutralität gibt es etliche standardisierte Verfahren und Normungen. Die ISO-Normen der 14064er bauen auf dem GHG-Protokoll oder der PAS 2050 auf. Oberstes Ziel ist es, Treibhausgase zu vermeiden und in weiteren Schritten kontinuierlich zu reduzieren. Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommen Kompensationen in Betracht.
Es sind unterschiedliche Arten der Kompensation möglich. Die bekannteste Möglichkeit ist das Erwerben von CO2-Zertifikaten. Es ist aber auch möglich, selbst ein Klimaschutzprojekt durchzuführen oder finanziell zu unterstützen (z.B. regionale oder internationale Aufforstung oder auch Moorschutz). Auch hier gibt es anerkannte Standards (u.a. Clean Development Mechanism (CDM), Verified Carbon Standard (VCS) oder Gold Standard). Die verfügbaren Dokumentationen sind inzwischen sehr vielfältig (wenn auch häufig in englischer Sprache). Das UBA stellt z.B. in einem Ratgeber eine übersichtliche Bewertung der einzelnen Standards zur Verfügung und geht auch auf freiwillige CO2-Kompensationen ein.
Jegliche Arten der Kompensation und auch das Klimamanagement selbst sind mit Kosten verbunden. Klimaneutralität gibt es nicht zum Nulltarif. Die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteile treten erst zeitverzögert ein. In der Umsetzungsphase muss mit erhöhten Ressourcen und Aufwendungen kalkuliert werden.
Insbesondere die Integration des Klimamanagements in die Unternehmensprozesse kann sich aufwändig gestalten. Für die Bestandsaufnahme aber auch für die kontinuierliche Durchführung sind vielfältige Unternehmensdaten aus allen Abteilungen erforderlich. Prozesse und Systeme müssen angepasst und eingebunden werden.
Klimamanagement ist keine Nebenaufgabe. Die Anforderungen und Herausforderungen an alle Akteure nehmen zu und die Aufwendungen und Ressourcen werden oft unterschätzt. HR kommt die Aufgabe zu, die neuen Kompetenzanforderungen, den spezifischen Schulungsbedarf und ggf. die Ressourcenplanung zu organisieren. Klimamanagement ist insbesondere auch Kommunikation, interne sowie externe Kommunikation. Netzwerke zur Weiterbildung, zum Erfahrungsaustausch und zur Informationsbeschaffung sind hierbei sehr wichtig. Auch wir als Klimaschutzverein werden diese Herausforderung annehmen und unser Know-how kontinuierlich erweitern. Dieser noch junge Unternehmensbereich benötigt immens viel Wissen und unterliegt einer sehr hohen permanenten Veränderung.
Aber es lohnt sich. Betrachten Sie das Klimamanagement als Chance, sich als Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.
Wolfgang Witt
CLIMPROACT